Der Besuch der bayrischen Hauptstadt München im Sommer 2023 ging mit einem Besuch des Hofgartens an der Bayerischen Staatskanzlei einher. Im hinteren Teil des Hofgartens, unmittelbar nach dem Pavillon, also kurz vor dem Übergang zum Englischen Garten befindet sich ein Denkmal, welches an die Bewegung der Weisen Rose um die Geschwister Hans und Sophie Scholl erinnert. Das Denkmal fällt dem Besucher sofort auf, auch mir. Ein recht großer, schwarzer Würfel, der die Aufmerksamkeit eines vorübergehenden Besuchers auf sich zieht.
Auch ich bin davor stehen geblieben. Die Aufschrift, die an der vorderen Seite zu sehen war, musste gelesen werden.
Denkmal – Die Weiße Rose -
N 48° 8' 36.1248 E 11° 34' 55.3872
"Wir wollen hier nicht urteilen über die verschiedenen Staatsformen, nur eines will eindeutig und klar hervorgehoben werden. Jeder Mensch hat einen Anspruch auf einen brauchbaren und gerechten Staat, der die Freiheit des Einzelnen als auch das Wohl der Gesamtheit sichert.
Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür vertreiberischer Gewaltstaaten.
Das sind die Grundlagen des neuen Europa."
Dieser Auszug stammt aus den Flugblättern der Widerstandsbewegung 'Die Weiße Rose' aus dem Jahr 1943.
Im Moment, als ich den Text gelesen habe, war ich über den Sinn und die auf die heutige bezogene Aussagekraft zutiefst erschüttert.
Wurde dieser Text wirklich 1943 geschrieben?
Mir kommt es vor, als wäre der Text heute geschrieben worden. Bewusst wird mir in diesem Moment auch, dass wir uns heute auf dem gleichen Stand der Zeit befinden, wie die Weise Rose damals 1943, als sie ihre Flugblätter verfasste und sich selbst gleichzeitig in höchste Gefahr begeben haben. Ein eigene Meinung, welche nicht einhergeht mit der Meinung der Elite ist unerwünscht und wird sanktioniert. Menschen, die eine andere Meinung haben, die nicht mit dem Strom schwimmen, werden ausgegrenzt, diffamiert, gemobbt und wie man im Volksmund sagt, fertig gemacht. Gültigkeit hat nur das, was die Elite als Wahrheit proklamiert, egal wie gut die Qualität oder die Nähe zur tatsächlichen Wahrheit ist.
Nein, das ist kein Staat, mit dem man ein Europa machen kann. Kein Staat, der die Freiheit der Rede, die Freiheit des Bekenntnisses und schon gar nicht den Schutz des einzelnen Bürgers gewährt.
Nein, dies soll keine Anklage darstellen, nur eine Mahnung an alle, darüber nachzudenken, welche Werte, Gedanken und auch Pflichten uns Menschen ausmachen. Was ist richtig, was ist falsch? Dieser Frage müssen wir nachgehen und immer hinterfragen, ob es so sein kann.
Die Gedanken im Text der Weißen Rose von 1943 müssen heute mehr den je Gültigkeit haben.